Wann gibt es endlich die perfekte Kamera für mich?

Falls jemand lesen sollte, was ich schreibe, könnte er auf die Idee kommen, dass ich mich mit einem absoluten Luxusproblem beschäftige. Und er hätte recht.

Ich besitze fünf digitale Kameras, mit denen ich in unterschiedlicher Intensität tatsächlich auch fotografiere. Dazu kommen noch einige historische analoge Exemplare für die Vitrine.

Jede meiner digitalen Kameras kann etwas anderes besonders gut, so dass nicht eine davon tatsächlich vollständig überflüssig ist.

Keine ist für mich wirklich perfekt. Da ich meine Gerätschaften pfleglich behandele, kriege ich natürlich auch keine wirklich kaputt. Jede wird etwas anders bedient und an jeder funktioniert unter bestimmten Umständen irgend etwas nicht so, wie die Werbeversprechen vorher behauptet hatten.

Positiv formuliert, die Teile halten mich geistig rege und stärken meine mentale Belastungsfähigkeit. Was will man mehr? Natürlich die passende Kamera…

Wie müsste die für mich perfekte Kamera aussehen?

Da ich kein wirklich feinmotorisches Talent bin, dürfte sie nicht zu klein sein und alle Knöpfe und Einstellräder sollten einen ausreichenden Abstand voneinander haben. Beschriftungen kann ich im Alter sowieso nicht mehr störungsfrei erkennen. Taktile Unterscheidungen wären besser und auch im Dunkeln von unschätzbarem Wert. Zwei Speicherkartenschächte für die Ausfallsicherheit sind immer gut.

Da ich meistens unter Studiobedingungen fotografiere, wäre mein allergrößter Wunsch etwas eigentlich Banales, eine mechanische Verriegelungsmöglichkeit der wenigen Einstellungen, die ich wirklich benutzen möchte, also für Belichtungszeit, Blende und ISO. Eine Dioptrieneinstellung am Sucher muss sein, natürlich verriegelbar. Ich vermute, ich bin nicht der einzige Brillenträger, dem das gefallen würde.

Schön wäre ein Schulterdisplay, am besten weiß auf schwarzem Untergrund mit wenigen, möglichst großen Ziffern. Dann brauche ich noch einen leidlich schnellen Autofokus und eine elektronische Fokuslupe fürs manuelle Fokussieren. Den Fokuspunkt kann ich mit einem Joystick am Besten steuern.

Das war es eigentlich auch schon. Bei meiner Fotografie komme ich gut mit Sensorgrößen zwischen 24 MP und 32 MP zurecht und die ISO steht in der Regel auf 100 oder die Kamera bei schlechteren Lichtverhältnissen auf einem Stativ. Ach so, und bei Preisen oberhalb von 2500,- € fange ich an, mit den Zähnen zu knirschen, denn ein Kamerabody ist eigentlich ein Verschleißteil, während man gute Objektive ein Leben lang haben kann…

Man sollte meinen, es wäre nicht unmöglich, so etwas zu bauen…

Was nervt mich an der Modellpolitik der Kamerahersteller?

Seitdem sich der zahlenmäßige Absatz der Kameras im freien Fall befindet und ganze Produktgruppen durch immer besser werdende Handys verdrängt werden, versuchen die Hersteller, mit den verbliebenen Kunden die gleichen Gewinne durch höherpreisige Kameras zu realisieren. Das führt dazu, dass in den Teilen immer mehr Zeug steckt, nach dem eigentlich keiner gefragt hat. Die Produktzyklen werden gefühlt immer kürzer, so dass der teure Kauf von gestern immer schneller der Restwertverlust von heute ist.

Der Hersteller, der aufgrund der Wertstabilität, der Qualität und des Designs meinen Vorstellungen früher noch am nächsten kam, war Leica. Aber bei einer Sensorauflösung von 60 MP und einem Preis von 8750,- € für die M11 (ohne Objektiv) zähle ich nicht mehr zur natürlichen Zielgruppe der Firma aus Wetzlar.

In den einschlägigen Fachzeitschriften wird jedes neue Feature der jeweils aktuellen Boliden positiv hervorgehoben. Ich kenne kaum einen Beitrag, der sich damit auseinandersetzt, welchen tatsächlichen Mehrwert diese Produktmerkmale für den Fotografierenden haben. In den seltensten Fällen lese ich auch einmal einen Satz über einen Nachteil der neusten Produkte. Es scheint gelegentlich, dass in den Fotozeitschriften die Angst vorm Verlust der Werbeetats größer ist, als die journalistischen Ambitionen.

Aber eigentlich kann ich es als Hobbyist ja gelassen sehen. Mein Steckenpferd kostet eben Geld und das verdiene ich nicht mit Fotografie. Profis, die mit ihren Erlösen neben dem Lebensunterhalt auch ihre Ausrüstung finanzieren müssen, haben es da ungleich schwerer und vor denen ziehe ich uneingeschränkt meinen Hut.

Schluss mit dem Meckern, gibt es nicht auch positive Entwicklungen?

Natürlich, sonst wäre es ja schlimm. Die technische Entwicklung der Digitalkameras ist rasant verlaufen. Auch wenn mich viele Leistungsmerkmale in den heutigen Gerätschaften überhaupt nicht tangieren, habe ich natürlich jede Menge Vorteile davon, wenn ein rauschärmerer Sensor, schnellere Prozessoren, größere interne Speicher und schnellere und treffsicherere Autofokusmodule zum Einsatz kommen.

Als ich vor Jahren mit dem Fotografieren von Menschen anfing, habe ich einiges verpasst, weil die damalige Kamera beim Abspeichern viel langsamer war, als sich interessante Momente vorm Objektiv ereigneten. Da ich vorzugsweise mit lichtstarken Festbrennweiten knipse, waren bei meinen großen Blendenöffnungen und der damit daher gehenden geringen Schärfentiefe korrekt fokussierte Augen eher gelegentliche Ausbeute, als eine Selbstverständlichkeit. Heute gibt es fast keinen (technischen) Ausschuss mehr bei meinen Bildern und das ist gut so. Und dann ist es eben auch ein bisschen teurer….

Was habe ich im Einsatz?

Eine Sony SLT-99, das robuste Arbeitstier mit der für mich perfekten Größe und einem schönen Gewicht, liegt dadurch sehr ruhig in der Hand, das älteste Gerät in meinem Maschinenpark, Vollformat, Spiegelreflex mit halbdurchlässigem, feststehendem Spiegel, 24 MP

Eine Sony SLT-77II, sehr schnell, schön leicht, APSC, Spiegelreflex mit halbdurchlässigem, feststehendem Spiegel, 24 MP

Eine Sony alpha7RII, etwas langsam, etwas klein, hohe Auflösung, spiegellos, Vollformat, 42 MP

Eine Sony alpha7IV, schön schnell, gut zu bedienen, fast perfekt, spiegellos, Vollformat, 32 MP

Eine Leica Q, die Schönste und Teuerste im Bestand, ein 28mm 1:1.7 Summilux fest verbaut, spiegellos, Vollformat, 24 MP

Eines Tages ist es soweit, ein Schiff wird kommen, vermutlich eher aus dem fernen Japan, als aus Wetzlar und an Bord ist sie, meine perfekte neue Freundin… Und bis dahin bin ich sehr dankbar für die, die ich habe…

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